Agil arbeiten – Mehr als ein Schlagwort

Agiles Arbeiten, agile Teams, agiles Projektmanagement, agile Methoden, agile Führung… diese und weitere Begriffe im Zusammenhang mit agil, sind immer öfter zu hören. Bei genauerer Betrachtung stelle ich jedoch immer wieder fest, dass viele, die damit hantieren, kein wirklich tiefergehendes Verständnis von Agilität haben. Schade eigentlich, denn agiles Arbeiten ist die zeitgemäße Antwort auf eine zunehmend komplexe und dynamische Arbeitswelt. In einem sich immer wieder verändernden Umfeld und einer ungewissen Zukunft zielt agiles Arbeiten darauf ab, den größtmöglichen Ertrag mit geringstmöglichem Aufwand zu erzielen. Um von Agilität und agilen Arbeitsweisen zu profitieren, lohnt es sich, die Sache einmal genauer zu betrachten.

Es muss gewollt sein

Agiles Arbeiten bricht schwerfällige Planungen auf und setzt Veränderungen flexibel und schnell um. Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Gerade große, etablierte Unternehmen mit starren Führungshierarchien, festgeschriebenen Prozessen und trägen Strukturen tun sich noch schwer damit. Daher gleich vorweg: Agiles Arbeiten muss gewollt sein. Mehr noch: Agiles Arbeiten kann nicht einfach angeordnet werden – es muss von der Führung vorgelebt und gefördert werden. Top-Management und Führungskräfte müssen sich bewusst darauf einlassen und Freiräume für agile Teams gewähren. Freiwilligkeit ist ein weiterer Erfolgsfaktor fürs Gelingen. Nur wer freiwillig dabei ist, hat Spaß am Gestalten, übernimmt Verantwortung für sein Tun und ist bereit, jederzeit sein Bestes zu geben. Wer sich zur Mitarbeit verpflichtet fühlt oder gar vom Vorgesetzten dazu „verdonnert“ wurde, wird schnell zur Belastung im agilen Team.

Klein anfangen

Ein guter Start ins agile Arbeiten ist zunächst einmal die eigene tägliche Arbeit. Es geht darum, im Kleinen zu denken und im Kleinen anzufangen. Täglich ein bisschen agil sein, um immer agiler zu werden. Ausschlaggebend ist die Haltung. Agiles Arbeiten verlangt Eigenverantwortung, Selbstorganisation, Selbstreflexion und Feedback sowie Austausch auf Augenhöhe. Im Fokus steht die Wertschöpfung für den Kunden, wobei „Kunde“ natürlich auch eine andere Abteilung im Unternehmen sein kann. Oberstes Ziel ist es, den Kunden zufriedenzustellen und mit ihm zusammenzuarbeiten. Das Team erarbeitet und entscheidet selbst, wie es Agilität umsetzt, hält dabei immer den Kontakt zum Kunden und reflektiert die eigene Arbeit – einschließlich der Fehler.

Scheitern gehört dazu

Eine andere Sicht aufs Scheitern ist beim agilen Arbeiten, in der agilen Organisation unerlässlich. Sie ist Voraussetzung dafür, dass Einzelne sich trauen, neue Ideen einzubringen, Verbesserungsvorschläge zu machen und Entscheidungen zu treffen. Das agile Team muss ein sicherer Ort sein, der die freie Entfaltung und neue Denkweisen fördert. An einem solchen Ort gehören Fehler dazu, denn gerade aus ihnen können nicht nur der Einzelne oder das einzelne Team, sondern die ganze Organisation lernen und wachsen. Allein diese Haltung einzunehmen, erfordert in vielen Teams bereits große Veränderungen. Ein erster Schritt ist, gemeinsam zu erarbeiten, was das für die eigene Arbeit bedeutet und diese Werte im Büro zu visualisieren. Wenn dann die ersten Versuche in der täglichen Arbeit funktionieren und die Ergebnisse den Kunden zufriedenstellen oder vielleicht sogar begeistern, können nächste kleine Schritte abgeleitet werden; und zwar immer gemeinsam im Team!

Es muss nicht gleich die Umstellung auf SAP sein

Wird agiles Arbeiten in der Projektarbeit zum ersten Mal angewendet, ist dafür ein kleines und unkritisches Projekt unbedingt empfehlenswert. Alle Beteiligten und Betroffenen müssen vorab abgeholt und eingebunden werden. Darunter verstehe ich mehr, als zu einer Infoveranstaltung einzuladen. Abholen und einbinden bedeutet für mich, dass sich die Teams zusammensetzen und eigenständig erarbeiten, was agiles Arbeiten für ihr Tagesgeschäft bedeutet und wie sie es umsetzen können. Grundsätzlich birgt die agile Arbeitsweise für viele Branchen große Chancen, nicht nur für die IT, wo die Wurzeln der Agilität liegen. So lassen sich etwa in der Automobilzulieferindustrie Entwicklungsprojekte mit agilem Projektmanagement erfolgreich umsetzen – oftmals sogar effizienter. Im herkömmlichen „Wasserfall-Modell“ hat der Kunde eher erst relativ spät im Projektverlauf die Chance, Einblick zu erhalten. Die Gefahr, dass trotz Beauftragung aneinander vorbei entwickelt wird, ist da relativ groß. Beim Agilen Arbeiten ist der Kunde bereits früh involviert und gibt nach jedem Sprint, das heißt nach jeder ein- bis vierwöchigen Entwicklungsphase an deren Ende ein Teilergebnis steht, sein Feedback. Damit zeigen sich Fehlentwicklungen oder -absprachen schon frühzeitig und das agile Team kann entsprechend gegensteuern.

Warum arbeitet nicht jedes Unternehmen agil?

Agiles Arbeiten hat viele Vorteile. Warum also arbeitet nicht jedes Unternehmen agil? Ein Haupthindernis ist sicher, dass viele Betriebe auf dem Weg zur Agilität recht schnell auf Hindernisse treffen. Schließlich erfordert die agile Arbeitsweise Aktion und Disziplin. Beides kommt nicht von selbst. Es gibt verschiedene Ansätze, um agiles Arbeiten erfolgreich umzusetzen und hilfreiche Tools, die das Strukturieren und Organisieren erleichtern. Dazu mehr im nächsten Blogbeitrag. Wer mag, erfährt dann mehr über die agile Methode Scrum als Framework fürs Projektmanagement.

Bis nächste Woche also – habt eine gute Zeit!

Ihre Melanie Brandes